Armutszeugnis für Verteilung

Sarah Yolanda Koss über Arme, die sich weniger leisten können

Ein obdachloser Mann sucht in einem Hauseingang im Bahnhofsviertel Schutz vor dem strömenden Regen.
Ein obdachloser Mann sucht in einem Hauseingang im Bahnhofsviertel Schutz vor dem strömenden Regen.

»Arme werden ärmer.« Kurz, knapp und prägnant ist das Fazit des neuen Armutsberichts des Paritätischen Wohlfahrtsverbands. Die Erklärung ist einfach: Die Preissteigerungen im Bereich Energie, Miete und Lebensmittel der vergangenen Jahre übersteigen viele niedrige Einkommen und sozialstaatliche Förderungen. Dass die Umsätze von Wohnkonzernen und Supermarktketten munter weiter wachsen, ebenso wie die Zahl der Milliardäre in Deutschland, zeigt einmal mehr: Das Problem ist menschengemacht und eine Sache politischer Entscheidungen. Ein wahres Armutszeugnis.

Beherzte Maßnahmen würden Wirkung zeigen, das beweist zum Beispiel der Mindestlohn. Durch ihn sinkt inzwischen die Zahl erwerbstätiger Menschen in Armut. Trotzdem arbeiten weiterhin 23,5 Prozent der Armutsbetroffenen. Immer noch gilt, Arbeit schützt vor Armut nicht. Ebensowenig tun das die Rentenbezüge. 29,7 Prozent der Armutsbetroffenen befinden sich im Ruhestand und jede fünfte Person über 65 ist arm.

Die künftige Bundesregierung scheint indes von Ideenarmut betroffen, was die Armutsbekämpfung angeht. Diese sei schließlich, so der Koalitionsvertrag, ohnehin ein ausländisches Problem. Soll heißen, kommt eigentlich nur in anderen Ländern vor. Statt sich die Situation in Deutschland ehrlich einzugestehen und lösungsorientiert daran zu arbeiten, tritt sie fleißig nach unten, hinterfragt die Anhebung des Mindestlohns, diskutiert Bürgergeldsanktionen und stellt möglichst viele Weichen Richtung Niedriglohnsektor.

Der Paritätische zeigt sich dennoch optimistisch: Eine Welt ohne Armut ist möglich, schreiben die Autor*innen. Fazit: Wo ein Wille, da ein Weg. Zum Beispiel höhere Löhne, sichere Renten oder Umverteilung.

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